Musik, Recht und mehr!

Erwin Sedding „Jazzyn“: Eine Nachlese

Vor kurzem ist mein Artikel zum Roman „Jazzyn“ von Erwin Sedding erschienen – endlich, denn es dauerte naturgemäß eine Weile, bis der wissenschaftliche Tagungsband zu meinem Vortrag aus dem November 2014 fertig war. Derweilen hat sich ein wenig zum Thema getan und daher soll hier einmal ein Überblick über die aktuellen und vergangenen Publikationen gegeben werden, in denen der Name Erwin Sedding auftaucht.

Wer war eigentlich Erwin Sedding?

Meines Kenntnisstands nach wird Erwin Sedding hauptsächlich wegen eines Werks behandelt: Dem Roman „Jazzyn“ aus der Mitte der 1920er Jahre. Wer sich mit dem Thema „Jazz in der Weimarer Republik“ beschäftigt und sich auch den Musikern widmet, der wird sich in aller Regel – weil es dazu reichlich Vorarbeit unter anderem von Heribert Schröder gibt – die Zeitschrift „Der Artist“ vornehmen und, wenn er das Glück hat, den richtigen Jahrgang zu erwischen, auch auf „Jazzyn“ als Fortsetzungroman stoßen (ab der Ausgabe 26. August 1927). In Buchform ist er nur in wenigen Bibliotheken erhalten.

Sedding  wurde am 26.8.1900 als Deutscher im Baltikum geboren. Er verstarb am 20. Mai 1989. Allzuviel scheint nicht über sein Leben bekannt zu sein, aber sein Sohn Ingo hat in seiner eigenen Autobiographie einiges zusammengetragen. So war Erwin Sedding zeitweise als Kritiker und Autor tätig, hat mehrere Bücher im belletristischen Bereich geschrieben und soll selbst in einer (Amateur?)-Jazzband gegen Ende der 1920er Jahre gespielt haben, was zweifelsohne dazu beiträgt, dass sein Buch für die Quellenforschung zum Jazz der Weimarer Republik immer öfter wahrgenommen wird – und zwar zurecht!

Fundstellen zu Jazzyn

2013 erschien ein Tagungsband, in dem Pascale Cohen Avenel im Kontext einer kulturwissenschaftlichen Analyse verschiedene Jazz-Romane vorstellt, darunter auch Jazzyn. Sie schreibt über den Roman:

„Only highly insensitive readers will have trouble understanding that jazz is an art, even a profession." [Pascale Cohen-Avenel: „An Epidemic of Jazz in German-language Literature: 1920-1931“, S.138, in: „Jazz in German-language Literature“, S.115-148.]

Diese Aussage lässt sich ohne weiteres unterschreiben: Sedding behandelt Jazz als Musik, als musikalische Kunstform und als Broterwerb und differenziert zwischen den hohen Ansprüchen der Musiker und der schnöden Lebenswirklichkeit als "Mugger", wie man es heute nennen würde.

Es haben sich aber noch weitere Fundstellen aufgetan: So stößt  man auch neuerdings im Netz recht schnell auf die sehr interessante Information von Jonathan O. Wipplinger über Sedding:

„Sedding was a critic for 'Der Artist' and wrote at least three articles on jazz: 'Jazz', Der Artist 2072 (September 4, 1925);  'Klavier und Jazzband', Der Artist 2076 (October 2, 1925); 'Ia. Jazzschläger', Der Artist 2086 (December 11, 1925).“  [Jonathan O. Wipplinger: „The Jazz Republic: Music, Race, and American Culture in Weimar Germany“, S. 270, Fußnote 55]

Darüber hinaus erfährt man beispielsweise in der Dissertation "Zwischen Ausdruckstanz und Postmodern Dance", die über den Dokumentenserver der FU Berlin zugänglich ist, dass Sedding in der Zeitschrift „Der Junggeselle“ 1923 (Nr. 34, S.15) einen Artikel mit dem klangvollen Titel „Tänzerinnen nebst Zubehör“ veröffentlicht haben muss.2 Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Sedding ist also auf wenige Artikel sowie einige interessante Fußnoten beschränkt.

Mein Fazit

Einmal abgesehen davon, dass dieser Roman zu den unterhaltsameren seiner Art gehört, bestätigt er auf schriftstellerische Weise mehrere Ergebnisse meiner Dissertation zum „Jazz in der Weimarer Republik“. Damals hatte ich ihn zwar gelesen, aber als Unterhaltungsliteratur nicht als gleichwertige Quelle zum Thema eingeordnet und daher nicht miteinbezogen – mir ging es eher um die damaligen Jazzlehrbücher und die Schellackplatten. Da aber nun Sedding wichtige Details wie das Prinzip der Chorusvariation beschreibt, untermauert er ein Formprinzip, das von vielen deutschen Autoren in den 1920er Jahren dargestellt bzw. angerissen wird. Daher ist sein Buch für mich auch eine Quelle für Forschungen zum Jazz der Weimarer Republik.


1 Leider ist mir jener Artikel bis vor kurzem entgangen.

2 Frank Manuel Peter: „Zwischen Ausdruckstanz und Postmodern Dance : Dore Hoyers Beitrag zur Weiterentwicklung des modernen Tanzes in den 1930er Jahren “, Freie Universität Berlin, 2003. S. 58, Fn. 87.